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"Es ist kein Protest, seine Verantwortung einer nationalsozialistischen Partei zu überantworten"

Ein Interview mit der Kampagne "Keine Stimme den Nazis" einen Tag nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern

18|09|2006

Die neofaschistische NPD hat bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am vergangenen Sonntag 7,3 Prozent der Stimmen eingefahren und stellt zukünftig sechs Abgeordnete im Schweriner Schloß. Welche Konsequenzen hat der Erfolg der Neonazis für das politische Leben in Mecklenburg-Vorpommern?

Wir werden in den nächsten Jahren in der politischen Kultur der Landespolitik als auch in der Auseinandersetzung mit der Neonazi-Szene vor Ort deutliche Veränderungen bemerken. Einerseits wird das Parlament nun zur Bühne für die NPD, auf der sie mit lärmenden Reden und inszenierten Skandalen eine breite öffentliche Aufmerksamkeit für ihre nationalsozialistiche Propaganda finden wird. Schließlich hat die Partei die beständige Aufregung gegen die Demokratie und die etablierten Parteien nötig, um ihr Umfeld aus der rechten Szene und ihre Wählerinnen und Wähler bei der Stange zu halten, die von ihr nichts anderes als den ressentimentbeladenen Krawall erwarten. Aber darüber hinaus wird der Wahlerfolg zu einer erheblichen Stärkung von Neonazi-Strukturen im ganzen Land führen, die nun finanzielle, personelle und informelle Unterstützung aus dem Landtag bekommen werden.

Am Wahlabend haben sich einzig einige dutzend Antifaschisten versammelt, um gegen die NPD zu demonstrieren. Ist das Interesse am NPD-Wahlerfolg wirklich so gering?

Immerhin demonstrierten einige Hundert kurzfristig durch Schwerin, der Erfolg der NPD war in den Medien eines der zentralen Themen und die Politikerinnen und Politiker der demokratischen Parteien waren ehrlich bestürzt. In den vergangenen Wochen haben nicht nur die Aktionen unserer Kampagne, sondern verschiedene Aufrufe für eine hohe Wahlbeteiligung gegen Rechts große Resonanz gefunden und dazu beigetragen, dass die Wahlbeteiligung am Sonntag relativ hoch gewesen ist. Das Problem ist jedoch, dass diese Sorge vor der NPD erst so spät eingesetzt hat. Jahrelang wurde das Problem rechter Strukturen im Land ignoriert, wurden Initiativen gegen Rechts auf lokaler Ebene, wo ihre Arbeit wichtig ist, als Nestbeschmutzer abgetan. Noch eine Woche vor der Wahl etwa hat der Bürgermeister einer Gemeinde in Vorpommern, in der regelmäßig Neonazi-Konzerte stattfinden, behauptet, es gäbe in seinem Ort keine rechte Szene - in einer Region, in der die NPD in einzelnen Wahlkreisen bis zu 15 Prozent erreichen konnte! Über kurzfristige Kampagnen können diese rechten Einstellungen nicht verändert werden, die über Jahre hinweg gewachsen sind, aber vielleicht ihre Wahrnehmung.

Wie erklären Sie sich, daß die NPD derart viele Stimmen auf sich vereinen konnte?

Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass ein Drittel der Bevölkerung des Bundeslandes rechtsradikale Einstellungen und damit kein prinzipielles Problem mit den rassistischen, antisemitischen und nationalistischen Lösungen der NPD hat. Mit ihrem massiven Wahlkampf ist es der Partei und der in ihr zusammengeschlossenen Neonazi-Szene gelungen, dieses Wählerpotential für sich zu aktivieren. Konkurrenz von Rechts wie bei den vergangenen Landtagswahlen gab es diesmal dagegen nicht. Als Protestwähler will ich die knapp 60 000 Menschen jedoch nicht bezeichnen, die der NPD ihre Stimme gegeben haben. Im Kapitalismus gibt es immer genug zu protestieren, aber noch lange keinen Grund, seine Verantwortung einer nationalsozialistischen Partei zu überantworten.

Ihre Kampagne hat bereits Monate vor der Wahl vor einem Erfolg der Neonazis gewarnt. Haben Sie dabei Unterstützung aus den etablierten Parteien erhalten?

Unsere Aktionen haben große Resonanz gefunden und wurden gerade auf lokaler Ebene auch von unterschiedlichen Gruppen aufgegriffen und fortgesetzt. Wir haben jedoch aus guten Gründen Distanz zu allen Parteien gewahrt und im Namen der Kampagne nicht dazu aufgerufen, zur Wahl zu gehen.

Was für Gründe sind das?

Die Landespolitik scheut sich im Gegensatz zu anderen Bundesländer zwar nicht mehr einzugestehen, dass es starke Neonazi-Strukturen im Land gibt. Es wären jedoch noch mehr Aktivitäten als Lippenbekenntnisse und schnell zusammengeschusterte Parlamentsbeschlüsse über Mittel gegen Rechts möglich. Dummerweise findet sich dieses Problembewußtsein auf lokaler Ebene oftmals gar nicht mehr wieder. Von der CDU bis zur PDS gleichermaßen müssen wir hier beobachten, dass die Augen vor der rechten Szene verschlossen werden oder es zuweilen keine Scheu vor der Zusammenarbeit mit Neonazis in Kommunalparlamenten oder auf Dorffesten gibt. Vergessen werden darf auch nicht, dass die Landespolitik den Themen der Rechten zuarbeitet, wenn sie etwa an der Stigmatisierung von Migranten mitwirkt, indem sie sie in Flüchtlingslager abschiebt, oder den Revisionismus der Vertriebenenverbände finanziell und ideell fördert.

Wie wird sich der Wahlerfolg der Neonazis auf die zukünftige antifaschistische Arbeit in Mecklenburg-Vorpommen auswirken?

Mit dem Einzug der NPD in den Landtag gibt es für uns neue Notwendigkeiten, aber auch neue Möglichkeiten antifaschistischer Arbeit. Die konkrete Bedrohung von alternativen, nicht-rechten und linken Projekten ist durch die Mittel, die die Nazis nun haben, größer und wir werden überlegen müssen, wie wir die wenigen Strukturen davor schützen können. Andererseits hat die Kampagne gegen den NPD-Wahlkampf die Zusammenarbeit antifaschistischer Gruppen im ganzen Land gefördert und sehr viele Menschen vor Ort gegen die Nazis aktiviert. Hier werden wir weitermachen und uns den rechten Trends auch in den nächsten Jahren entgegenstellen.





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