links-lang fetzt!

16.07.2002
Fast NPD - ganz Nazi: Rechter Schläger in Waren-Müritz verurteilt

Am 03. und 15. Juli wurde im Warener Amtsgericht der Prozess gegen den 20jährigen Thomas Stümer, einen Nazi aus Alt Schönau, geführt. Dieser hatte am 15. Januar 2002 einen Mann togolesischer Herkunft (Herr B.) überfallen.

Am Abend des 15. Januar telefonierte Herr B. in einer öffentlichen Telefonzelle. Thomas Stümer kam schnellen Schrittes - laufen konnte er nicht, da er sich eine Woche zuvor auf einer Demo den Fuß verletzt hatte (!) - mit einer Krücke in der Hand auf die Telefonzelle zu. Mit dieser schlug er gegen die Telefonzelle. Als Herr B. versuchte die Telefonzelle zu verlassen, schlug Stümer mit der Krücke auf ihn ein. Dabei traf er sein Opfer mehrmals am Arm, den er schützend über seinen Kopf hielt.

Während Herr B. dem Angriff zu entkommen suchte und in Richtung eines parkenden Autos rannte, verlor er seine Geldbörse. Als er sich bückte, um die Geldbörse aufzuheben, ereilte ihn der Nazi erneut und schlug wiederum mehrmals mit der Krücke auf seinen Rücken. "Verpiss dich Neger, hau ab", mit diesen Worten in den Ohren und einer ihm hinterhergeworfenen Bierflasche konnte Herr B. entfliehen. Von dem parkenden Auto erhielt Herr B. keine Hilfe, denn in ihm befanden sich die Freunde von Stümer. Ein Mann aus der Nachbarschaft ist Herrn B. zur Hilfe geeilt und hat die Polizei verständigt. Kurz darauf wurde Stümer verhaftet und die Zeugen im Auto zum Vorfall befragt.

Der Angeklagte Thomas Stümer wollte dem Gericht immer wieder weismachen, dass nicht sein rassistisches Denken ausschlaggebend für die Wahl seines Opfers war. Er, der am Vortag von seiner Freundin verlassen wurde, wollte einfach nur "Dampf ablassen und jemanden erschrecken". Es war ihm gleich ob, das ein "negrider oder weißer" war. Weil der "Neger, dumm wie er war," beim Traktieren der Telefonzelle die Tür öffnete, ist er ausgerastet und hat auf ihn eingeschlagen. Ausländer sind für Stümer in Deutschland dann akzeptabel, wenn sie sich anständig benehmen und arbeiten, so sie eine Arbeitsgenehmigung haben. Alle Kriterien die Stümer selbst nicht erfüllt.
Bei seiner Vernehmung bei der Polizei formulierte er seine Einstellung zu Ausländern vermutlich etwas ehrlicher. Dort gab er an, alle Ausländer zu hassen, Rassenmischung vermeiden zu wollen, für ein Deutschland einig Vaterland einzutreten und daß ihm einfach so war, mal diesen "Neger aufzuklatschen".
An beiden Prozesstagen konnten besonders die NazizeugInnen aus dem parkenden Auto (Z., T. und Kl.) bestätigen, dass schon vom Auto aus erkennbar war das in der Zelle ein Farbiger stand und allen im Auto klar war, was passieren würde.
Strafmildernd, so erhoffte sich Stümer, sollte sein alkoholisierter Zustand (0,9 Promille!) wirken.

Vorteilhaft für den Verlauf des Prozesses erwies sich die Anwesenheit des offensiv auftretenden Nebenklagevertreter des Herrn B. Indem er die scheinbar unter Amnesie leidenden Nazis und Herrn Stümer einer filmreifen Befragung unterzog, konnte deutlich der rassistische Charakter dieses Übergriffs herausgestellt werden. Stümer, der keinen Anwalt an seiner Seite hatte, und die befragten Nazis konnten spätestens bei der Befragung durch den Nebenklagevertreter, ihre Dümmlichkeit nicht mehr verbergen.

Während Stümer noch bei der Polizeivernehmung angab, Mitglied der NPD zu sein, räumte er im Prozess nur noch ein mit deren Zielen zu sympathisieren und an Demonstrationen teilzunehmen.

Die körperlichen Verletzungen von Herrn B. sind verheilt, tief sitzen die psychischen Wunden. Noch heute leidet Herr B. unter Schlafstörungen und wiederkehrenden Erinnerungen an den Übergriff. Nur wenn es nicht zu vermeiden ist, geht er alleine auf die Strasse.

Für Staatsanwältin, Richterin und Nebenklagevertreter stand nach der Beweisaufnahme der ausländerfeindliche Hintergrund fest. Für die Staatsanwältin war Frust, vorrangig aber Ausländerhass das Motiv der Tat. Sie schlug einen Dauerarrest nach Jugendstrafrecht von vier Wochen und die Übernahme der Kosten des Verfahrens vor.
Der Nebenklagevertreter fasste das Motiv konkreter. Stümer ist aus tiefstem Herzen ein Rassist. Er ist gezielt auf einen Ausländer losgegangen. Während der gesamten Verfahrensdauer konnte er nicht glaubhaft machen sich heute von der Tat zu distanzieren, im Gegenteil, permanent versuchte er diese zu bagatellisieren. Die taktisch angelegte Entschuldigung hat Herr B. nicht akzeptiert, da auch er davon überzeugt war, dass weitere Übergriffe von Stümer zu erwarten sind. Die Nebenklage forderte daher 18 Monate Freiheitsentzug, die für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt werden, die Kosten des Verfahrens zu tragen, sowie eine Entschädigung an Herrn B. von 25 Euro/ Monat über drei Jahre zu zahlen.

Das Gericht verurteilte Stümer zu acht Monaten Freiheitsentzug, die auf zwei Jahre ausgesetzt werden und die Übernahme der Kosten der Nebenklage zu tragen. Die Begründung des Strafmaßes ergab sich aus Stümers tief verwurzelter rechter Einstellung. Sein Handeln sei menschenverachtend und rücksichtslos und nicht nur persönlich motiviert gewesen.

Die Verurteilung ist für Herrn B. eine Hilfe, wird aber die ihm zugefügten psychischen Wunden nicht heilen können.