links-lang fetzt!

Rechtsextremismus - ein Männerphänomen?
Frauen im organisierten Rechtsextremismus. Ein Text von Rainer Fromm und Barbara Kernbach. Im Internet hinter diesem Link gefunden.

Rechtsextremismus - ein Männerphänomen?

Wenn Uschi Winkelsett für die „Republikaner“ unterwegs ist, kümmert sich ihr Mann um die Kinder: „Ich selber bin Mutter von vier Kindern, ich habe meinen Beruf nie aufgegeben. Wir haben das in der Familie gemeinsam so gemeistert, dass wir alle unsere Rolle in der Familie gefunden haben. Nicht nur ich erziehe die Kinder, auch mein Mann erzieht die Kinder, z.B. wenn ich hier im Wahlkampf bin, dann ist er für die Kinder da. Für mich ist es ganz wichtig, dass beide Elternteile die Erziehung der Kinder übernehmen.“ (Interview mit den Autoren, 2.3.2001) Judith Wolter von der rechten Regionalpartei „Pro Köln“ möchte, „dass man auch seinen Beruf verwirklichen kann und trotzdem nicht auf Kinder verzichten muss.“ Die Haider-Bewundererin weiter: „Je nachdem, wenn die Frau jetzt den besseren Beruf hat oder mehr Geld verdient, dann wäre das die Motivation, um das so zu machen, dass der Mann sich vielleicht um die Kinder kümmert.“ (Interview mit den Autoren, 28.2.2001) Selbst Funktionärinnen der NPD, die sich immer wieder zur Gralshüterin des „Volkserhalts“ stilisiert, vertreten fortschrittliche Frauenpositionen. Im Interview mit den Autoren sagt Annemarie Paulitsch, Kreisvorsitzende von Offenbach, am Rand des NPD- Bundesparteitages Anfang März 2001 zur Frauenrolle: „Also gleichberechtigt sind sie auf jeden Fall, egal die Frau kann sich selber entscheiden, wer also meint, dass sie doch lieber Mutter sein möchte und sich auch voll den Kindern widmen will, ist es ja auch schon ein Ganztagsberuf, wer aber meint, dass er das überhaupt nicht kann, weil ihm dann die Decke auf den Kopf fällt und weil er mit Kindern überhaupt nicht umgehen kann, der sollte sich halt anderweitig orientieren.“

Völkischer Rassismus und Emanzipation, Goebbels und HipHop, Blut und Boden und eine lesbische Lebensgemeinschaft werden in der rechtsextremen Lebenswelt nicht mehr als unüberwindbare Widersprüche empfunden. Für die NPD-Liedermacherin Annett gilt längst nicht mehr, dass „die Frau an den Herd gehört (...). Frauenklischee, Männerklischee, das fängt in der Familie an. Wenn ich arbeiten gehe und verdiene mehr als mein Mann und würde halt ein Kind bekommen, dann bleibt natürlich der Mann zu Hause, weil es einfach eine Existenzfrage auch ist.“ (Interview mit den Autoren am 17.2.2001) Ihre Vorbilder sucht sie bei Horst Wessel und Rudolf Hess in der Vergangenheit. Diese Synthese ist 55 Jahre nach Ende der NS-Diktatur keine Seltenheit. Die „Mädelschar Deutschland“ (MSD) etwa macht mobil gegen „Überfremdung“ und „Mischehen“. Gleichzeitig provoziert die Gruppe auf ihrer Homepage mit neuem weiblichen Selbstbewusstsein: „Ich war nicht nur ein Anhängsel meines Freundes, sondern auch dann, wenn er keine Zeit oder Lust hatte, eine Kämpferin für Deutschland.“ Die MSD-Vorsitzende distanziert sich explizit von Hitlers Freundin, sie wolle „nicht so sein wie Eva Braun, die den Mund nicht aufmachte.“ (taz, 18.5.2001) Eine scheinbar zeitgemäße Mischung aus Fremdenhass und Gleichberechtigung, die Brücken in die Mitte der Gesellschaft schlägt. Nicht umsonst warnt der hessische Verfassungsschutz-Präsident Lutz Irrgang: „Je normaler diese Frauen auftreten, desto erfolgreicher dürften sie sein, das ist eine große Gefahr.“ Eine politische Bedrohung, die sich durch die StGB-Brille und Fixierung auf Sensationen nicht wahrnehmen lässt, wie sie in den meisten Medien vorherrscht.

Brandanschläge, Übergriffe, Schlägereien – auf diese spektakulären Ereignisse konzentriert (und reduziert) sich häufig die Berichterstattung über Rechtsextremismus. Redaktionen leben in Angst vor der Normalität, und rechtsextreme Frauen sind oft normal, politisch so gefährlich normal, dass sie kaum eine Fußnote in der Berichterstattung wert sind. In der Gewaltstatistik bei rechtsextremen bzw. Taten mit vermutetem fremdenfeindlichem oder antisemitischem Hintergrund fallen sie nicht besonders auf, genauso wenig im übrigen wie bei der allgemeinen Gewaltdelinquenz.

Es gibt sie dennoch, die Rechtsextremistin, und sie steht nicht allein da: Im Windschatten der staatlichen Auseinandersetzung mit marodierenden ausländerfeindlichen Schlägertrupps und der populistischen Debatte über ein NPD-Verbot ist fast unbemerkt eine vielfältige „Kameradinnen“-Szene entstanden, die weiter wächst. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass sich in der sogenannten subkulturell geprägten, gewaltbereiten Szene – gemeint sind vor allem Skinheads – mittlerweile rund 10 Prozent Frauen bewegen. Diese Zahl besagt allerdings noch nichts über das tatsächliche Verhalten in Konfliktsituationen (vgl. weiter unten die Übersicht über rechtsextreme Gewalttäter). Gudrun Hentges spricht in diesem Zusammenhang von „weiblichem Rechtsextremismus“, den sie als „Ideologie der Überlegenheit der Unterlegenen“ interpretiert (Hentges 1996, 36).

Rechtsextreme Gewalttäterinnen, besonders aus dem kriminellen Umfeld am Rande des Rechtsterrorismus, bleiben die Ausnahme. Ein Beispiel ist Beate Zschäpe aus Jena, die gemeinsam mit den Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, alle drei aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes (THS), am Bau von Rohrbomben beteiligt gewesen sein soll. Bei einer Hausdurchsuchung Ende Januar 1998 stellte die Polizei in der Garage

„u.a. vier funktionsfähige Rohrbomben sicher. Gegen die drei Tatverdächtigen erging Haftbefehl. Sie sind derzeit flüchtig. Im Januar 1997 war gegen die Tatverdächtigen und andere Angehörige des Thüringer Heimatschutzes (THS) bereits ein Ermittlungsverfahren wegen der Versendung von Briefbombenattrappen an die Thüringer Landeszeitung, die Stadtverwaltung sowie die Polizeidirektion Jena eingeleitet worden.“ (Verfassungsschutzbericht Thüringen 1998, 39)

Ansonsten schwankte der Anteil von Frauen an rechtsextremen Gewalttaten in den vergangenen Jahren zwischen maximal 4,7 Prozent (1992) und minimal 1 Prozent (1994). Auch eine aufwendig angelegte Untersuchung des Trierer soziologischen Forscherteams um Helmuth Willems, das systematisch Polizeiakten der Jahre 1991 und 1992 auswertete, kam zu dem Ergebnis, dass nahezu alle Täter männlich waren. (vgl. Willems 1993)

Diese Tatsache macht Rechtsextremistinnen für die Medien weitgehend uninteressant. Im Rahmen der verstärkten öffentlichen Sensibilität seit dem Sommer 2000 wurde zwar verschiedentlich auch über rechtsextreme Frauen berichtet. Doch die meisten Beiträge reproduzieren eher Vorurteile der Autoren denn die Realität. Auffällig ist beispielsweise auch hier die Fixierung auf Skinheads bzw. Skingirls, auf Gewalt und das angeblich traditionelle Rollenverständnis der Frauen. Ein Beitrag im ZDF-Magazin „Frontal“ vom 14.11.2000 mischte Bilder rechtsextremistischer Frauen mit Texten männlicher Nazi-Skinhead-Bands, um auf diesem Wege doch noch Gewaltaspekte einzubeziehen. Gewannen im vergangenen Jahr noch die NPD-Anhängerinnen seit der Diskussion um das Verbot der Partei für die Medien eine gewisse Attraktivität, werden DVU- und REP-Frauen fast vollständig ausgeblendet.

Der ziemlich kleine Unterschied: Geschlechtsspezifische Neigungen zu rechten Ideolgien

Die Fokussierung auf direkte, persönlich ausgeübte Gewalt wird dem Rechtsextremismus und den von ihm ausgehenden Gefahren in keiner Weise gerecht. Das Starren auf Steine oder Molotowcocktails werfende Jugendliche suggeriert, Rechtsextremismus sei lediglich ein Problem pubertierender Männer [1] blendet strukturelle Gewaltmomente aus und bedient sich zudem eines äußerst engen Violenzbegriffes. Rechtsextremistinnen – Fußvolk wie weibliche Köpfe der „Bewegung“ – fallen per se durch dieses Raster. Mediale und wissenschaftliche Annäherungen an dieses Thema lassen sich häufig von der Annahme leiten, Frauen seien resistenter gegenüber antidemokratischen Politikkonzepten, und unterstellt eine vermeintliche weibliche Friedfertigkeit.

Bei Einstellungsuntersuchungen, so sie die Geschlechterzugehörigkeit in ihre Analyse einbezogen, wurde indessen schon seit langem deutlich, dass Frauen keineswegs immun sind gegen menschenverachtende Ideologien. Bereits Theodor W. Adorno kam in seinen „Studien zum autoritären Charakter“ in den USA Ende der vierziger Jahre zu dem Ergebnis: „Vergleicht man Männer und Frauen derselben sozioökonomischen Schicht miteinander, ergibt sich kein nennenswerter Unterschied in den Mittelwerten.“ (Adorno 1973, 88) Die SINUS-Studie von 1981 konstatierte: „Wir können davon ausgehen, daß Frauen und Männer gleichermaßen anfällig bzw. unerreichbar für rechtsextreme Ideologie sind.“ (SINUS-Studie 1981 , 87)

Dagegen fanden Wilhelm Heitmeyer und die Shell-Jugendstudie von 1981, Affinitäten zu rechtsextremen Deutungsmustern seien bei Jungen stärker ausgeprägt als bei Mädchen. Zu ähnlichen Schlüssen kommen weitere Erhebungen, die sich an Heitmeyers Rechtsextremismusdefinition – Ideologie der Ungleichheit und Gewaltakzeptanz (IdU + GA) – orientieren. Ursula Birsl (Birsl 1994) stellte in einer Fallstudie rechtsextreme Orientierungen bei 16,5 Prozent der männlichen Probanden, aber lediglich bei 9 Prozent der weiblichen fest. Desgleichen konstatierte eine Untersuchung des Ministeriums für die Gleichstellung von Frau und Mann (Rechtsextremismus und Gewalt, 1994) ein „geschlossenes rechtsextremes Weltbild, verbunden mit Ausländerfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft (...) bei 8 bis 10 Prozent der Jugendlichen“ (ebd., S. 4) und in diesem Bereich ein Geschlechterverhältnis von 1 zu 3 (Mädchen/Jungen). Die Erklärung für diese Unterschiede liefert die Studie gleich mit: „Insgesamt gesehen unterscheiden sich Mädchen und junge Frauen von Jungen und jungen Männern durch eine rigorose Ablehnung von Gewalt und gewalttätigem Ausländerhaß“ (ebd. S. 4).

Untersuchungen, die den Faktor Gewalt zwar als eine Komponente einbeziehen, ihm aber nicht die herausragende Bedeutung beimessen wie Heitmeyer, insistieren dagegen auf Parallelen in der Ideologie der Geschlechter. Beispielhaft erwähnt sei hier die aktuelle Studie von Richard Stöss und Oskar Niedermayer von der FU Berlin (Rechtsextreme Einstellungen in der Region Berlin-Brandenburg), [2] die laut Zwischenbericht in Berlin ein rechtsextremes Einstellungspotenzial bei 12 Prozent der Männer und 11 Prozent der Frauen und in Brandenburg bei 20 Prozent der Männer und 22 Prozent der Frauen fanden.

Kameradinnen in dünner Luft: Weibliche Mitglieder rechter Parteien

Als Bestätigung des Rechtsextremismus als „Männerphänomen“ wird außerdem in der Regel die (angeblich geringe) Präsenz weiblicher Mitglieder bei rechtsextremen Organisationen herangezogen, die als eindeutig männerdominiert gelten. Der Frauenanteil liegt nach von rechtsextremen Parteien selbst genannten Zahlen zwischen 15 und 25 Prozent. Sicherheitsbehörden kommen zu ähnlichen Resultaten. Der Verfassungsschutz in Bayern konstatierte, so der Pressesprecher Robert Bihler, innerhalb des vergangenen Jahres einen Anstieg bei den Skinheads und Neonazis von zehn auf 16 Prozent. Dieser Trend lässt sich auch in anderen Bundesländern beobachten. Rüdiger Hesse vom niedersächsischen Verfassungsschutz erklärte, eine aktuelle Analyse seines Amtes dokumentiere „einen durchschnittlichen Frauenanteil von fast 20 Prozent“. Es gebe aber auch „einzelne sogenannte Kameradschaften, in denen der Frauenanteil bei den wöchentlichen Schulungsveranstaltungen bei rund 30 Prozent liegt.“ Der Leiter der Koordinierungsstelle „Gewaltprävention“ im Innenministerium in Erfurt, Karl-Peter Bernt, schätzt den Frauenanteil bei den Thüringer Neonazis ebenfalls auf 20 bis 30 Prozent.

Organisation Frauenanteil
NPD,
bei 14-25-Jährigen
15%
20 - 25%
„Republikaner“ 20%
DVU ein Drittel (Experten: 10%)
Bund Deutscher Patrioten (BDP) 10%
Freiheitliche Deutsche Volkspartei (FDVP) 15 - 20%
Neonazis 10%
HNG 14%


Quelle: Selbstauskunft der Organisationen, Anfragen am 21.11.2000, für Neonazis und HNG: Bundesamt für Verfassungsschutz

Die isolierte Betrachtung dieser Daten führt jedoch zu Fehlschlüssen. Aussagekräftig werden sie erst dann, wenn wir den Frauenanteil in anderen Parteien miteinbeziehen, und dieser liegt aktuell laut Statistischem Bundesamt (Angaben basieren auf der Selbstauskunft der Parteien) bei der CSU bei rund 17 Prozent weiblicher Mitglieder. In der CDU sind 25, in der SPD knapp 30, in der FDP etwas über 25, bei den Grünen 37 und bei der PDS 40 Prozent Frauen organisiert. Der Prozentsatz der Frauen in rechtsextremen Organisationen ist folglich vergleichbar dem in anderen Parteien bzw. liegt nicht wesentlich unter dem Durchschnitt, was den Schluss nahelegt, dass Politik insgesamt von Männern dominiert wird.

Mitgliedschaft in anderen Parteien und Entwicklung des Frauenanteils

1991 1993 1995 1998
CSU 177.000 M.
15,7% F.
179.650 M.
16,2% F.
179.500 M.
16,9% F.
CDU 756.000 M.
25,6% F.
695.000 M.
26% F.
657.600 M.
24,9% F.
625.800 M.
25% Frauen
SPD 928.000 M.
27,2% F.
865.400 M.
27,8% F.
817.650 M.
28,3% F.
775.000 M.
28,9% F.
FDP 151.000 M.
29% Frauen
94.200 M.
27% Frauen
80.000 M.
23,9% F.
68.000 M.
25,3% F.
B90/ Grüne 41.800 M.
30% Frauen
30% Frauen 46.410 M.
38% Frauen
50.030 M.
37% F.
PDS 114.940 M.
40% Frauen
96.500 M.
40% Frauen


Quelle: Statistisches Bundesamt, Hrsg.: Datenreport 1997, 1999 und Verfassungsschutzbericht des Bundes 1998, Abkürzungen: M. = Mitglieder, F. = Frauen

In rechtsextremen Führungsebenen wird die Luft für Frauen allerdings dünner. So befindet sich im Bundesvorstand der NPD mit der hessischen NPDlerin Doris Zutt nur eine einzige Frau, bei den „Republikanern“ sind sechs von 37 Vorstandsposten mit Frauen besetzt, bei der DVU zwei von elf, beim Bund Deutscher Patrioten ein Platz von sieben (Stand: Ende 2000). Bei der Freiheitlichen Deutschen Volkspartei (FDVP) sitzen vier Frauen im Bundesvorstand (insgesamt 14 Personen, Stand: September 2001). Doch auch in diesem Bereich drängen Frauen mittlerweile in Schlüsselpositionen. Die FDVP wird von der Diplom- Wirtschaftsingenieurin Claudia Wiechmann geleitet. Die „Republikaner“ können mit der stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen Uschi Winkelsett aufwarten, Vorsitzende der Regionalpartei Pro Köln ist die Jurastudentin Judith Wolter und an der Spitze der derzeit wichtigsten Neonaziorganisation, der Hilfsgemeinschaft nationaler Gefangener und deren Angehöriger (HNG), steht Ursula Müller aus Mainz.

Warme Naturwesen: Frauen in rechten Parteiprogrammen

Allerdings passen rechtsextreme Führungsfrauen oftmals nicht in das von den Medien erwartete Klischee des ultrakonservativen „Heimchens am Herd“ oder der brutalen Skinschlägerin. Das Selbstbewusstsein und - verständnis der Frauen im rechtsextremen Lager kontrastiert freilich auch mit dem in den Programmen vertretenen traditionalistisch geprägten Weltbild. „Rechtsextreme (...) Ideologie zeichnet sich dadurch aus, dass Frauenpolitik immer nur im Kontext einer Familien- und Bevölkerungspolitik und nicht etwa als eigenständiges Politikfeld betrachtet wird“ (Hentges 1996, 13) Rechtsextremisten haben in diesem Sinne kein Frauenbild entwickelt, sondern pflegen immer noch einen Müttermythos. Insbesondere Neonazikreise beziehen sich auf krude biologistische Vorstellungen, so zum Beispiel Michael Kühnen (1955 - 1991), einer der wenigen Theoretiker der bundesdeutschen Neonaziszene, der auch programmatische Texte zur Geschlechterrolle verfasst hat, die an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig lassen:

„Ganz offensichtlich ist die Frau in erster Linie Naturwesen: Ihre eigentliche Aufgabe für die Gemeinschaft ist und bleibt Geburt und Aufzucht von Kindern, und da mindestens drei Kinder pro Familie zur Volkserhaltung überlebensnotwendig sind, und das Kind die Mutter zur gesunden Lebenserhaltung in den ersten sechs Lebensjahren dringend braucht, ist der Lebensmittelpunkt der Frau die Familie. (...) Die Männer hingegen, die ja durch ihre rein biologischen Aufgaben nicht entfernt vergleichbar beansprucht und gefordert werden, sind eher Kultur- als Naturwesen – ihre natürliche Aufgabe liegt im Aufbau und in der Ausgestaltung der kulturellen Gemeinschaften! Grob schematisch und als Anhaltspunkt kann man das so ausdrücken: Unsere Frauenbewegung wird von Frauen für Frauen geführt mit dem Ziel des Aufbaus einer gesunden Volksgemeinschaft. Unsere männliche Front wird von Männern für Männer geführt mit dem Ziel der Schaffung eines Staates, der der Volksgemeinschaft die machtpolitischen Instrumente zur Selbstbehauptung und Entfaltung in die Hände gibt.“ (Kühnen 1985, 7)

Dieses offen am „Dritten Reich“ orientierte Konzept will Frauen tendenziell aus dem öffentlichen Raum ausgrenzen:

„Schwerpunkt der politischen Arbeit der Frauenbewegung ist das Volk, seine soziale Lage, die Volksgesundheit, Kinder und Familie; Schwerpunkt der Kampfbewegung ist der Staat und das Ringen um die Macht in ihm! (...) Gleichberechtigung und Emanzipation sind Schlagworte des bürgerlichen Liberalismus, der Reaktion und damit der Dekadenz! Statt Gleichberechtigung und Emanzipation fordern wir von unseren Frauen Dienst an der Volksgemeinschaft und Selbstverwirklichung des weiblichen Wesens.“ (ebd, S. 8)

Die extremsten Formulierungen finden sich in Schriften des sogenannten „Freundeskreis Freiheit für Deutschland“ (FFD), der weitgehend mit dem noch existierenden „Freundeskreis Unabhängige Nachrichten“ identisch war. Der FFD trat erstmals 1989 durch die Verbreitung eines Flugblattes mit dem Titel ‚Auschwitz bis in alle Ewigkeit?‘ in Erscheinung. Bis zum Verbot der Gruppe 1993 kursierte ihre aggressive Propaganda in der gesamten rechtsextremen Szene. Das verschwörungstheoretische Pamphlet „Antideutsche Ausrottungswaffen“[3] reproduziert sämtliche gängigen Vorurteile und Phobien. Als Punkt eins wird angeführt: „Abtreibung als Ausrottungswaffe. Das Abtreibungsschlagwort Mein Bauch gehört mir ist das erste Beispiel für die gegen das deutsche Volk gerichteten Ausrottungswaffen.“ Punkt 2: „Aids mit Kondompflicht als Ausrottungswaffe. (sic!) Kondome sind für (deutsche) Männer Pflicht!“ Punkt 3: „Homosexuelle als Ausrottungswaffen.“ Punkt 4: „Lebensangst als Ausrottungswaffe. ‚In diesen unsicheren Zeiten kann ich es nicht verantworten, ein Kind in die Welt zu setzen‘, hört man aus ängstlichen Mündern tönen. Vielleicht ist das aber nur eine faule Ausrede für die Bequemen? Die Naturvölker in Afrika denken anders. In Kenia kommen auf eine Negerfrau acht Kinder.“ Punkt 5: „Emanzipation als Ausrottungswaffe. ‚Weg von Kirche, Küche und Kind!‘ lautet der Schlachtruf der heutigen Emanzen. Ferner: Selbstverwirklichung im Beruf lautet die Parole. Ach, die armen Frauen. Merken sie denn nicht, dass die Ausbeutung und der Kräfteverschleiß im Berufsleben viel größer ist als in der Familie? So schieben sie ihre Kinder in unpersönliche und seelenlose Kindergärten ab und machen Karriere. Arme Kinder!“ Rettung im „Überlebenskampf“, so die Conclusio, kann einzig und allein von den Frauen kommen: „Bewahrt das deutsche Volk vor dem Untergang. Nur ihr jungen deutschen Mütter könnt dieses Schicksal vom deutschen Volk wenden. Sorgt für fröhlichen, gesunden deutschen Nachwuchs!“ (Hervorhebungen im Original)

Derart harte Forderungen suchen Leserin und Leser in den Programmen der rechtsextremen Wahlparteien vergeblich. „Mann und Frau haben unterschiedliche, jedoch gleichwertige Aufgaben“. Dieser Satz aus dem NPD- Programm von 1990 gilt in der Regel als Credo zur Geschlechterrolle. Die Berufstätigkeit der Frau wird nicht mehr per se in Frage gestellt. Die Vorstellungen oszillieren häufig zwischen traditionellen Festschreibungen und Eingehen auf Anforderungen der modernen Gesellschaft, etwa: „Die Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung muß gefördert werden (...) durch bessere Möglichkeiten außerfamiliärer Betreuung“ (DVU-Programm). Immer wieder hervorgehoben wird die „Leistung der Hausfrau und Mutter“, die „mit keiner Arbeitsleistung anderer Berufe zu vergleichen“ sei. „Ihr gebührt ein nach Anzahl der Kinder gestaffeltes Hausfrauen- und Müttergehalt ...“ (Aktuelles NPD-Programm, verabschiedet Dezember 1996) Erst nach heftigen Diskussionen konnte der NPD- Programmparteitag den Zusatz „Dies gilt alternativ auch für alleinerziehende Väter“ verabschieden, der insbesondere von Frauen aus der ehemaligen DDR, darunter Ursula Mann aus Leipzig (ehemals SED), eingebracht worden war. Widerstand kam vor allem von Kadern aus den alten Bundesländern, wie Michael Wendland, der sich auch dem Satz nicht anschließen konnte „Die Familie ist vor allen anderen Lebensgemeinschaften zu fördern“. Sein Einwand: „Andere Lebensgemeinschaften sind überhaupt nicht zu fördern, denn das entspricht nicht unserer Art.“

Immer wieder wird der Alptraum „Das deutsche Volk stirbt aus“ beschworen. Vor diesem Hintergrund zieht sich die Sorge um die „Volkserhaltung“ als roter Faden durch alle Programme. Im Siegburger Manifest der „Republikaner“ von 1995 etwa wird die Rolle der Frau in der Gesellschaft als solche überhaupt nicht erwähnt, sondern unter den Punkt „Schutz des Lebens und der Umwelt“ subsumiert: „Wir fordern den umfassenden Schutz allen Lebens. Die Abtreibungsmöglichkeiten müssen eingeschränkt werden. Der Familie hat die vorrangige Fürsorge des Staates zu gelten, da sie als kleinste soziale Einheit die Basis für das gesellschaftliche Leben darstellt.“ Das berühmt- berüchtigte REP-Programm von 1987 nahm sich des Themas dann ausführlicher an, sorgte aber durch den Rekurs auf angeblich natürliche Bestimmungen der Geschlechter für Aufruhr, denn die Partei erklärte: „Es ist (...) insbesondere der Frau gegeben, durch Wärme und Hingabe ein Klima der Geborgenheit zu schaffen, in welchem Familie und Kinder gedeihen können. Hier liegt die besondere und von keinem 'Hausmann' oder Kollektiv erfüllbare Berufung der Frau.“ Konsequenterweise betonten die „Republikaner“ die angebliche „naturgegebene Fähigkeit als Mutter und Mittelpunkt der Familie“ und warnten, eine Frau, „welche sich gleichzeitig in Ehe, Familie und Beruf zu bewähren sucht, leidet oft an dieser Mehrfachbelastung und Selbstüberforderung. Sie fühlt sich ebenso unerfüllt – was oft zu psychischen Schäden führt – wie diejenige Frau, welche im Beruf alleinige Befriedigung sucht.“ Im Klartext: Ein weiblicher Karriereentwurf ohne Kinder macht krank. Vor dem Hintergrund externer und parteiinterner[4] Proteste ließen die „Republikaner“ diese Formulierungen mittlerweile fallen. Das aktuelle Programm fordert, „die Frau in politischer wie auch in sozialer Hinsicht grundsätzlich gleichwertig, aber keinesfalls gleichartig zu behandeln (...). Die heutige Gleichmacherei von Frau und Mann lehnen wir ab.“

Mit dieser Argumentationslinie bricht die Freiheitliche Deutsche Volkspartei (FDVP), eine DVU-Abspaltung mit Organisationsschwerpunkt in Sachsen-Anhalt. Die FDVP orientiert sich an Haiders FPÖ und bemüht sich um ein modernes Image. Zwar wird die „tendenziöse demographische Entwicklung“ beklagt und eine „Erhöhung der Geburtenrate“ angestrebt, allerdings soll dies ausschließlich durch positive Anreize geschehen wie „materielle und ideelle Aufwertung der Erziehungsleistungen“, wobei ausdrücklich von „Müttern und Vätern“ die Rede ist. Ferner sollen die „Lebensgemeinschaft eines alleinerziehenden Elternteils mit Kind sowie eheähnliche Lebensgemeinschaften mit Kind ebenfalls als Familien“ angesehen werden. Das Thema Abtreibung und eventuelle strafrechtliche Konsequenzen – ansonsten ein Kernanliegen rechtsextremer Familien- und Frauenpolitik – werden überhaupt nicht berührt.

Der Bund Deutscher Patrioten (BDP) schließlich, eine NPD-Abspaltung mit Hauptsitz in Gotha und Landesverbänden in Sachsen, Thüringen und Niedersachsen, tritt als erste und einzige rechtsextreme Partei für die Fristenlösung ein: „Jede Frau ist dazu berechtigt, selber darüber zu entscheiden, ob sie ihr Kind austragen oder innerhalb eines gesetzlich festgelegten Zeitraumes abtreiben möchte“ (in Punkt 2 im Programm: Ausgangsgrundlage des Volkes ist die deutsche Familie). In einer ersten Fassung hatte es in Anlehnung an andere rechtsextreme Gruppierungen geheißen: „Auch das ungeborene Leben und werdende Mütter haben besonderer Unterstützung und besonderem Schutz zu unterliegen. Nur bei gesundheitlicher Gefährdung von Mutter und Kind und nach Vergewaltigung darf eine Abtreibung vorgenommen werden.“ Nach Auskunft des Parteivorsitzenden Frank Golkowski aus Gotha geht die Änderung auf die Initiative der stellvertretenden Landesvorsitzenden von Niedersachsen, Ute Lindenau, zurück, die zugleich Mitglied des Bundesvorstandes ist (Telefonat am 21.11.2000).

Diese Auffassung stellt allerdings im rechtsextremen Lager (noch) eine isolierte Meinung dar. Abtreibung wird in der Regel auf wenige Indikationen eingeschränkt, wie im ursprünglichen BDP-Text oder etwa im Programm der NPD. „Die Tötung ungeborenen Lebens darf nur bei Gefahr der Gesundheit von Mutter und Kind sowie nach Vergewaltigung erlaubt sein“ (aktuelles NPD-Programm).

positiv besetzte Begriffe negativ besetzte Begriffe
Neo- nazis/ Kühnen Frau: Naturwesen, Mutterschaft
natürliche Aufgaben: Geburt und Aufzucht von Kindern
„Selbstverwirklichung“ des weiblichen Wesens
Mann: Kulturwesen
nat. Aufgaben: Gestaltung der kulturellen Gemeinschaften, Schaffung eines Staates
(gesunde) Volksgemeinschaft
gesunde Familie, gesundes Volk, Rasse
Gleichberechtigung
Emanzipation
= bürgerlicher Liberalismus, Reaktion, Dekadenz
FFD Überleben
Gesunder deutscher Nachwuchs
Deutsches Volk
Mütter, Familie
Normalmensch
Ausrottung, Volkstod
Abtreibung
Zukunftsangst
Emanzen, Emanzipation
Selbstverwirklichung im Beruf, Karriere
Homosexualität
NPD Schutz des ungeborenen Lebens
biologisches Erbe
(deutsche) Familie
Hausfrau und Mutter
Muttersprache, Kultur und Gebräuche, Harmonie
Gleichberechtigung
alleinerziehende Väter
Abtreibung
bedrohliche Überalterung

Zukunftsangst
schrankenloser Egoismus
DVU Erhaltung des deutschen Volkes, Überleben
Ehe und (deutsche) Familie Mutter
Gleichberechtigung
Abtreibung
Reps Schutz des (ungeborenen) Lebens
Ehe und (deutsche) Familie
Frau: Wärme, Hingabe, Geborgenheit, naturgegebene Fähigkeit als Mutter, Hausfrau
Frau ist gleichwertig, aber nicht gleichartig
Abtreibung
„Hausmann“, Kollektiv
Emanzen
Gleichmacherei, Emanzipation, Quotenregelung, Frauenstreiktag, Frauenministerium
= Fanatismus
FDVP Erziehungsleistungen von Müttern und Vätern
Familie
alleinerziehende Eltern
eheähnl. Lebensgemeinschaft
Erhöhung der Geburtenrate
tendenziöse demographische Entwicklung

Zuwanderung
BDP Familie: überliefert Kultur, Traditionen, Sitten, Muttersprache
Abtreibung: Fristenregelung
alle anderen Lebensgemeinschaften
Kulturvermischung
Materialismus


...dass wir Frauen sind eine Macht: Selbstentwürfe rechter Frauen

Im Kontext zweier längerer Dokumentationen (Kameradinnen, Vox 1993, und Moderne Walküren, Vox 2001) haben wir rechtsextreme Frauen nach den Motivationen ihres politischen Engagements gefragt und mit den Rollenklischees ihrer Organisationen konfrontiert. Eindeutig fallen die Reaktionen lediglich beim Thema Abtreibung aus. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sprechen sich rechtsextreme Frauen (und im übrigen auch Männer) kategorisch für das Austragen des Kindes aus. „Abtreibung ist Mord“ ist ein oft wiederholter Satz in diesem Zusammenhang. An dieser Positionierung hat sich auch durch die Wiedervereinigung und die Einbindung von Frauen aus der ehemaligen DDR ins rechtsextreme Lager nichts geändert, was denkbar wäre, da viele Frauen ja in der DDR eine liberale Abtreibungspolitik kennen gelernt hatten. Unterschiede zwischen Ost und West bestehen hinsichtlich der Einstellung zu Kindergärten und -tagesstätten. Die Bereitschaft der Frauen aus den neuen Bundesländern, ihre Kinder in öffentlichen Einrichtungen betreuen zu lassen, ist wesentlich größer als die der „Westfrauen“, die die Erziehung selbst kontrollieren möchten, nicht zuletzt um der als negativ empfundenen „Multikultierziehung“ etwas entgegenzusetzen (Gespräch mit Doris Zutt in Ehringshausen, Januar 2000).

Nach wie vor existiert im rechtsextremen Lager eine starke traditionalistische Fraktion. So erklärte Doris Zutt, im NPD-Bundesvorstand für soziale Fragen zuständig, bei einer Demonstration zum 1. Mai 2000 in Wetzlar am Rednerpult: „Wir haben unsere Männer, die an vorderster Stelle das Recht auf Arbeit haben. Wenn ich auf die Frauenpolitik gehe, dann sage ich, die Männer gehen arbeiten, die Frauen bleiben zu Hause. Wir bekommen die Kinder, wir müssen die Zukunft sichern.“ Eine junge NPD-Frau aus Augsburg schätzt an der Partei, dass „man als Frau auch anerkannt wird, wenn man keine Karriere macht“ (Interview im Oktober 1998). In dieselbe Richtung argumentiert der Republikanische Bund der Frauen (RBF), der sich auf Flugblättern von „Frauenstreiktag, Quotenregelung, Frauenministerium“ und „Emanzen“ abgrenzt und aus Kindermund verkünden lässt: „Wir möchten lieber, dass unsere Mutti zu Hause bleiben kann ...“ Auch das „Storchennest“, das sich im Internet als „die erste volktreue Frauen- und Familienseite“ vorstellt, liegt klar auf der Linie der Traditionsverbände. „Kinder zu haben ist der Wunsch jedes normal empfindenden Menschen“ heißt es hier, und die „Frau hat in der Familie ihren ureigensten Entfaltungsraum. Es bedeutet eine Verkehrung der natürlichen biologischen Gegebenheiten, die Selbstverwirklichung der Frau in der Eingliederung in den Arbeitsprozeß mit einem 8-Stunden-Tag und der Doppelbelastung Beruf – Hausarbeit zu sehen, statt darin, Mutter zu werden und zu sein.“ Für Frauen, die im Rechtsextremismus das tradierte Moment suchen, liefert diese Propaganda ein scheinbar heiles, Geborgenheit versprechendes Weltbild und bietet mit der ideellen Aufwertung der Mutter und Hausfrau Entlastung von multifunktionalen Anforderungen der Moderne, die von Frauen gleichermaßen Erfolg in Beruf, Familie, Partnerschaft fordert, in einer Gesellschaft, die Rahmenbedingungen für einen derartigen Lebensentwurf nur ungenügend bereitstellt. Diese, der „traditionalistischen“ Gruppe zuzurechnenden Rechtsextremistinnen sind sich des Frauenbildes der Organisationen bewusst. Neben anderen Faktoren macht es das braune Lager für sie attraktiv.

Die meisten rechtsextremen Frauen, egal ob Ost oder West, teilen mittlerweile moderne Lebensentwürfe, die quer zu den zitierten programmatischen Forderungen stehen. „Wir haben in dem Sinn kein Frauenbild“, sagte die Betriebswirtschaftsstudentin Sabine Münch von der „Deutschen Liga für Volk und Heimat" in Köln. „Jede Frau kann bei uns machen, was sie will. Bei uns sind die meisten berufstätig, und ich studiere. (...) Ich möchte auch nicht, wenn ich mit meinem Studium fertig bin, (...) die Hausfrau spielen, die zu Hause am Herd steht und den ganzen Tag kocht. Ich werde danach selbstverständlich arbeiten gehen.“[5] Auch für die „Republikanerin“ Uschi Winkelsett, als stellvertretende Bundesvorsitzende die „Frau hinter Rolf Schlierer“ und außerdem seit sieben Jahren mit kurzer Unterbrechung Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen, war Berufstätigkeit immer selbstverständlich.[6] Sogar in harten Neonazigruppen lehnen Frauen die ihnen von den männlichen „Chefideologen“ zugedachte Aufgabe ab. So erklärte Ursula Worch von der inzwischen verbotenen Nationalen Liste (NL) in Hamburg:

„Grundsätzlich vom Ideologischen her gesehen befürworten wir Kinder, wobei wir die Einstellung vertreten, das Kindkriegen selber, das macht die Frau, das ist ja nun mal klar (...) aber später (muss) in der Partnerschaft die Entscheidung getroffen werden, wer inwieweit für das Kind verantwortlich ist, wer arbeiten gehen möchte, oder ob man nicht, was ich für wesentlich sinnvoller halten würde, (...) mehr Jobsharing- Arbeitsplätze schaffen würde, so dass beide noch arbeiten gehen können, im Arbeitsprozess sind, aber daß das Kind eben immer eine Aufsicht, einen Ansprechpartner hat.“[7]

Worch stellt die biologistische Argumentationskette in Frage, der zufolge sich aus der Mutterschaft zwingend Aufgaben der „Hege“, „Pflege“ und der „Volkserhaltung“ für die Frau ableiten, quittierte Kühnens Frauenbild mit vernichtenden Kommentaren („Da spreche ich ihm die Qualifikation ab, darüber Entscheidungen zu treffen“, Interview in Hamburg im November 1992) und grenzt sich von rechtsextremen Traditionsverbänden wie der mittlerweile ebenfalls verbotenen Wiking-Jugend (WJ) ab, die eine klare Geschlechterkomplementarität postulierten und deren weibliche Mitglieder in der „Aufzucht“ von möglichst viel arischem Nachwuchs den Lebenssinn sahen:

„Wir als Partei im revolutionären Lager sehen das zur Zeit nicht als unsere Hauptaufgabe an, sondern wir sehen es als unsere Hauptaufgabe an, dass wir den politischen Umsturz erreichen. Das ist auch ein wesentlicher Unterschied zur WJ, die ja für die Arterhaltung sich grundsätzlich nur einsetzt. Wir sagen, es gibt noch immer genügend Kinder, wir brauchen jetzt nicht selber anfangen, Kinder in die Welt zu setzen, dann das wird auf jeden Fall nicht den politischen Umsturz bringen.“

Die NPD-Liedermacherin Annett, die sich als „Rebell“ versteht und gesellschaftliche Missstände anprangern will, schlägt zum Teil durchaus feministische Töne an. In dem Lied „Alltagsleben einer Mutter“ („Mama sein ist schwer – an manchen Tagen wirklich sehr“) zieht sie das Fazit: „Wenn ich noch mal leb, dann nur als Mann – das schwör ich, weil man da viel einfacher leben kann.“ Annett verkörpert im übrigen eine neue Erscheinung im Rechtsextremismus. Beschränkte sich die Präsenz weiblicher Musikstars bislang auf künstlerisch klägliche Erscheinungen wie die Bands „Lokis Horde“ oder die „Wallküren“ (sic!), so hat die NPD jetzt eine eigene Liedermacherin in ihren Reihen: Annett hatte ihren ersten großen öffentlichen Auftritt beim sogenannten 2. Tag des Nationalen Widerstandes der Partei 2000 in Passau, wo sie an der Seite von Frank Rennicke Weisen vom Reich zum besten gab. Seitdem reist die rechtsextreme Musikerin aus dem brandenburgischen Schwedt zu Wahlkampfeinsätzen quer durch die Republik. Die Gemeinschaft Deutscher Frauen (GDF) berichtet im Internet von Auftritten Annetts „in Berlin und Umland“ und empfiehlt deren Erstlings-CD „Eine Mutter klagt an“. Für den rechtsextremen „Deutsche Stimme“- Verlag ist der Tonträger „die Balladenveröffentlichung des Jahres 2001 schlechthin“ (Pühses Liste). Annett besingt den „Wikinger Erik“, „Thors Enkel“ und den „echten Patrioten Hannes“. Das Lied „Deutsche Mutter“ mit dem Refrain „Ich hab für Deutschland einen Sohn geboren“ fordert den politischen Einsatz der Frauen: „Lasst unsere Mütter auferstehen, dann wird der letzte Blöde es auch noch sehen, dass wir Mütter sind eine Macht. Wenn wir mit Euch streiten – dann keiner hier lacht. (...) Legt Euch nicht mit einer guten Mutter an, den Streit gewinnt Ihr nicht, ich zeigs Dir Mann.“ Annett macht nicht nur Wahlkampf in Deutschland. Im Juli 2001 begleitete sie eine NPD-Delegation nach Frankreich zu Treffen mit Vertretern des Mouvement National Républicain (MNR), der FN-Abspaltung um Bruno Mégret. (Deutsche Stimme Nr. 9, September 2001) Musikalisches Pendant in der internationalen Skinszene ist die schwedische Sängerin Saga der Band Symphony of Sorrow, die in Deutschland durch das rechtsextreme Musikmagazin Rock Nord bekannt wurde. Die aktuelle CD „My tribute to Skrewdriver“, produziert vom Label Midgard Records, huldigt dem 1993 tödlich verunglückten britischen Musiker Ian Stewart, Bandleader von Skrewdriver und Gründer der NS-Skinorganisation Blood & Honour. Damit avancieren Frauen in der Szene zu Idolen und Orientierungspersonen. In Hintergrundinterviews mit den Autoren bestätigen Betreiber rechtsextremer Musikvertriebe diesen Trend, wie etwa der Geschäftsführer des Rock-Nord Verlages Jan Zobel: „Inzwischen sind es sehr viele Frauen die bei uns bestellen und insbesondere die Girlies, die laufen bei uns sehr gut, weil zunehmend junge Frauen sich für die Musik interessieren. Also das Klischee des etwas glatzköpfigen dicken jungen Mannes, der auch diese Musik hört und bestellt, ist absolut überaltert. Inzwischen sind das absolut normale junge Leute und immer mehr junge Frauen.“ (15.2.2001)

Der Bruch vieler rechtsextremistischer Frauen mit den verstaubten Rollenbildern ihres ideologischen Umfeldes spielt sich bislang in der gelebten Wirklichkeit ab und hat so gut wie keine theoretische Ausformulierung gefunden. Ein Grund dafür kann in der relativen Unterentwicklung der rechtsextremen Ideologie insgesamt liegen, die sich etwa im Vergleich zum Linksextremismus häufig auf einem recht erbärmlichen Niveau bewegt. Zu den wenigen Ausnahmen progressiverer Frauenpositionen gehören die Publikationen der kürzlich verstorbenen neurechten Theoretikerin und Mitarbeiterin des Thule-Seminars Sigrid Hunke. Systematisch demontiert sie rechtsextreme Mythen: „Alle diese Theorien übersahen eines: Der Mensch ist kein Naturwesen, sondern ein Kulturwesen. (...) Jedes Orientierungsgesetz, das mit dem Anspruch auftritt, allgemeingültig zu sein, vergewaltigt das Eigenrecht und Eigenwachstum derer, deren innerem Gesetz es nicht gemäß ist.“ (Hunke 1987, 28) Hunke widerspricht damit gerade auch explizit den von der sogenannten Neuen Rechten vertretenen Auffassungen von der Ungleichheit und der angeblich natürlichen Komplementarität beider Geschlechter. Während Pierre Krebs, Vertreter des deutschen Ablegers der Nouvelle Droite, von der Frau als „Zauberin des Lebens, als heilige Bewahrerin der Identität, der Herkunft und des Erbes“ (elemente, Juni/Sept. 1987, Nr. 3, S. 2) träumt, so schreibt Hunke: „’Mütterlichkeit’ – entgegen landläufiger Auffassung nicht unbedingt an leibliche Mutterschaft gebunden noch ‚automatisch’ mit ihr gegeben – ist nicht mehr eine der Frau allein vorbehaltene Spezialität: sie eignet als Väterlichkeit ebenso dem Mann und kann von ihm entwickelt werden.“ (Hunke 1987, 32) Kernstück der Nouvelle-Droite-Theorie ist demgegenüber die apodiktische Ablehnung des modernen Gleichheitspostulats, wir zitieren nochmals Krebs: „Der Egalitarismus ist bestrebt, die ethnischen, kulturellen, ja sogar sexuellen (Neofeminismus) Unterschiede zu kriminalisieren, die absurde Vorstellung, dass die Menschen identisch seien, durchzusetzen.“ (elemente, Juni/Sept. 1987, Nr. 3, S. 3; vgl. zu diesem Thema auch das Schwerpunktheft: éléments, Octobre 1998, Nr. 93, Dossiers Les Femmes) Hunke dagegen bewertet die Emanzipationsbewegung, die ihrer Meinung nach für Frauen und Männer neue Anstöße gegeben hat, positiv:

Das lehrt etwa ein Blick in die jungen Ehen der Zwanzig- bis Vierzigjährigen, in die schon infolge der Berufstätigkeit der Frauen an die Stelle der reinlichen Arbeitsteilung eine Gemeinsamkeit der Aufgaben einzieht, die wechselweise von beiden Partnern übernommen werden, ein Teilhaben am Sorgen für Kinder und Haushalt, ein ganz selbstverständliches Miteinander von Mann und Frau, das sich bereits beim Neugeborenen bewährt, das jetzt nicht mehr ausschließlich in die Sphäre der Frau gehört“. (Hunke 1987, 32)

Rassistische Emanzipation: Paradoxe Leitbilder

Im Gegensatz zu anderen Publizisten der Neuen Rechten, die Mann und Frau als genetisch bestimmt definieren und die Rolle gesellschaftlicher Faktoren negieren, sieht Hunke „männliche“ und „weibliche“ Eigenschaften als sozial angeeignet. „Unter dem Diktat der Polaritäten wurde der europäische Mann zum Spezialisten des Verstandes erzogen, des logischen Denkens, des kühlen Intellekts, der sein Leistungsleben ausschließlich von rationalen Prinzipien (...) leiten ließ.“ (Hunke 1987, 32)

Ihre Kritik wendet sich gegen patriarchalische Denkmuster insgesamt, trifft aber auch und vor allem rechtsextreme Propaganda:

„So wurden alle erdenklichen Gegensatzpaare – oft bis zum Widersinn – auf Mann und Frau verteilt: Aktivität – Passivität, Widerstände überwindendes Einwirken – duldendes Erleiden, in die Ferne ausgreifende Tat – einfühlendes Hegen und Pflegen in der Nähe, Verstand – Gefühl, Kreativität – Imitation, Geist – Natur, Genialität – Fleiß, Sachbezogenheit – Personenbezogenheit (...) usw. usw.“ (Hunke 1987, 32)

Hunkes Abrechnung mit biologistischen Vorstellungen paart sich allerdings mit Rassismus, denn das „Selbstverständnis der Geschlechter und ihr Verhältnis zueinander unterscheiden sich von Kultur zu Kultur, von Religion zu Religion, von Rasse zu Rasse“ (Hunke 1987, 28). Sie selbst nährt sich aus dem Idealbild der angeblichen Gleichberechtigung bei den Germanen und sieht die Ursache für die Jahrhunderte lange Unterdrückung der Frau im angeblich jüdisch-christlich-mediterranen Einfluss. So sei die „Erziehung beider Geschlechter nach jeweils unterschiedlichen Leitbildern und Lebensstilen“ erfolgt, die „der Männer nach germanischem Vorbild (...), der Frauen (...) nach jüdisch-christlichem und ovidisch-mittelalterlichem“ (Hunke 1987, 32). Hunke ist im übrigen der Ansicht, Gleichheit zwischen den Geschlechtern sei nicht für alle Weltsphären geeignet, sondern der nordisch-germanischen Frau vorbehalten.

Sigrid Hunke hebelt naturalistische Ideologieansätze zwar überzeugend aus, gerade dadurch jedoch verschärft sich bei ihr der insgesamt in der rechten Szene beobachtbare Widerspruch zwischen emanzipatorischem Frauenbild und rassistischem Denken. Diese Diskrepanz, die uns nur schwer verständlich ist und auf die besonders feministische Autorinnen oft fassungslos reagieren, bringt die Analyse in Erklärungsnot. Denn in der Regel gehen wir implizit von einem Persönlichkeitsmodell aus, das zumindest tendenziell eine Kohärenz des Individuums und seiner Identität unterstellt, in dem Sinne wie etwa Adorno es begreift. Seine Studien zum autoritären Charakter stützten sich auf die Hypothese, „dass die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Überzeugungen eines Individuums häufig ein umfassendes und kohärentes, gleichsam durch eine ‚Mentalität’ oder einen ‚Geist’ zusammengehaltenes Denkmuster bilden“ (Adorno 1973, IX). Diese Annahme gewann ihre Gültigkeit in einer Welt mit weitgehend festen, verbindlichen Strukturen. Gesellschaftliche Desintegrations- und Individualisierungsprozesse lösen traditionelle und kontinuierliche Bindungen ebenso wie durchstrukturierte Ideologien auf. Das anything goes, das Nebeneinander des scheinbar Inkompatiblen, hat mittlerweile auch Teile der rechtsextremen Lebenswelt eingeholt und kristallisiert sich heute am deutlichsten im Selbstverständnis der Szenefrauen.

Deutlich wird diese Patchwork-Identität u.a. bei Anhängerinnen der Greifswalder NPD und ihren Vorfeldorganisationen. Mit einer sogenannten „Bürgerinitiative zur Wahrung der Grundrechte“ machen NPD- Funktionäre mit Unterschriftenlisten Stimmung gegen Gewalt und Ausländer. Die 1.000 Unterschriften, die die Rechtsextremen sammeln konnten, kamen „zum größten Teil, also 50 bis 60 Prozent (...) von jugendlichen Ravern und HipHoppern“, wie der lokale NPD-Chef im Interview mit den Autoren bestätigt (19.3.2001). Die NPD-nahe Jugendgruppe „Schülerinitiative für freie Meinungsbildung und -äußerung“ nennt in einer Selbstdarstellung „Raver, politisch neutrale und national eingestellte Schüler“ ihre Basis. Die stellvertretende Vorsitzende Carolin Beetz und ihre Mitstreiterin Sandra Hüdtmann, auch regelmäßige Teilnehmerinnen der lokalen NPD-Schulungen, stören sich nicht am „American Way of Life“ oder Fast Food à la Mc Donald: „Warum nicht, warum sollte man das nicht machen?“ Und auch das Geschlechterbild ist progressiv: „Warum sollte eine Frau nicht das rausbringen, was sie kann? Vielleicht kann sie auch ein Haus bauen.“ Gefragt nach der „Frau am Herd“: „Ich finde das nicht o.k. Eine Frau kann auch was machen. Eine Frau kann auf dem Bau arbeiten. Hat eine Frau vielleicht andere Rechte als ein Mann?“

Die Modernisierung des Frauenbildes sollte nicht davon ablenken, dass die Frauen in anderen Kernbereichen rechtsextremer Ideologie wie Ablehnung des Fremden, Rassismus und Autoritarismus genauso knallharte Positionen vertreten wie die Männer. Annemarie Paulitsch von der „Bürgerbewegung für Unser Land“, zugleich NPD, sagte am 1. Mai 2000 bei einer NPD-Kundgebung in Wetzlar: „Wenn Ausländer nach Deutschland kommen, dann fallen sie immer weich. Entweder sie finden einen Arbeitsplatz oder sie fallen in die Sozialhilfe.“ Doris Zutt war der „Überzeugung, dass wir heute das Recht haben zu demonstrieren und nicht der DGB, denn wir fordern Arbeitsplätze zuerst für Deutsche und nicht wie der DGB Arbeit für Multikulti“. Paulitsch sieht in der Präsenz von Ausländern in Deutschland die Ursache für die verschiedensten Probleme und erklärt: „Die NPD ist ja für Ausländerrückführung, und wenn wir das tatsächlich umsetzen sollten, dann haben wir die größten Probleme auch gelöst, ob es jetzt Kindergarten- oder Schulprobleme, Verkehrsprobleme oder was auch immer sein mögen.“ (Gespräch im Januar 2000) Doris Zutt versteht sich selbst als „völkisch“, feiert die Winter- und Sommersonnwende und lehnt das Christentum ab: „Denn das Christentum, wenn es richtig gelebt wird, dann ist es so, dass das Christentum für einen Vielvölkerstaat eintritt, dann sind ja alle Menschen die so genannten Brüder und können all hier leben, und eine multikulturelle Gesellschaft lehne ich ab.“ Auch sie fordert die Rückführung der hier lebenden Ausländer, selbst wenn sie hier geboren sind (Gespräch im Januar 2000). Zum Teil übertreffen Frauen die Männer an Radikalität. Die sogenannten SS-Skingirls greifen auf ihrer Internetseite die berüchtigten „14 Words“ des amerikanischen Rechtsterroristen David Lane auf („We must secure the existence of our people and a future for white children“) und proklamieren: „We must secure the extermination of Niggers and no future for black children“.

Da die Frauen sich nicht mehr an Heim und Herd gebunden fühlen, gehen Initiativen verstärkt von ihnen aus. Sie treten als Organisatorinnen von Demonstrationen, Skinkonzerten auf, leiten Szenetreffs, wie den Club 88 im schleswig-holsteinischen Neumünster. Der Pressesprecher des Verfassungsschutzes Niedersachsen, Rüdiger Hesse, beobachtet, „dass sich Frauen zunehmend in der Szene emanzipieren.“ Auch bei Aufmärschen würden verstärkt Frauen beobachtet. „Wir stellen unter den Straftätern in diesem Bereich zum Beispiel Teilnahme an verbotenen Demonstrationen, Widerstand gegen Polizeibeamte, Zeigen verfassungswidriger Symbole verstärkt Frauen fest. Die nehmen aktiv am Kampf teil.“ Der so genannte Bund Heimattreuer Frauen, ein „Zusammenschluss junger Frauen, die in den Bereichen des germanischen Brauchtums und des Heimatschutzes aktiv sind“, beklagt sich gar über die mangelnde Einsatzbereitschaft der Männer und postuliert im Internet: „Es ist eine schöne Redensart, dass die Frau dem Mann den Rücken im Kampf ums Vaterland freihalten soll. Doch, wo sind die Männer? Wenn der Mann nicht aktiv wird, muss die Frau wohl selbst diesen Kampf antreten.“ Anders als in der Vergangenheit kommen Rechtsextremistinnen nicht mehr als Ehefrau, Freundin, Schwester von Männern in die Szene, sondern verstärkt aus eigenem Antrieb. Das „von Frauenhand“ gemachte Online-Zine Triskele will zeigen, dass „Frauen genauso am politischen Kampf teilnehmen wie Männer. (...) Denn jede/r soll sich darüber im klaren sein, dass die Frau nicht nur ein Anhängsel vom Mann ist. Auch sie kämpft wie er für unsere Heimat.“ (Triskele, Nr.3) Der Rekurs auf Leitmotive wie die „Pflicht daheim als Mutter“ oder „Die Arbeit ehrt die Frau wie den Mann, das Kind aber adelt die Mutter“ wirkt in diesem Kontext nur noch wie ein automatischer Reflex, der mit der Lebenswelt der Frauen nicht mehr viel zu tun hat. Sie fordern ihre Eigenständigkeit und setzen diese durch. Der für das Jahr 2002 geplante Kalender widmet sich denn auch nicht stillenden Müttern im Kreise ihrer Kinderschar, sondern Demonstrationen und Aktionen.

Rechtsextreme Organisationen reagieren auf diese Modernisierungstendenzen, wenn auch mit Zeitverzögerung. So werben die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), die Jugendorganisation der NPD, mit dem Slogan „Nationalismus ist auch Mädelsache“. Die NPD verzeichnet verstärktes Interesse vor allem bei jungen Frauen in der Altersgruppe der 14-25-Jährigen. Das weibliche Engagement wird für rechtsextreme Gruppen zudem eine stabilisierende Funktion haben. Robert Bihler vom bayerischen Verfassungsschutz erwartet, dass die „Szenen (...) sich verfestigen. Während man in Gruppierungen ohne Frauen feststellen konnte, dass hier eine deutliche Fluktuation vorhanden war, wird die zunehmende Präsenz von Frauen zur Verfestigung der Skinheadszene beitragen.“

Literatur

§ Adorno, Theodor W. (1973): Studien zum autoritären Charakter, Frankfurt am Main.
§ Birsl, Ursula (1994): Rechtsextremismus: weiblich – männlich? Eine Fallstudie, Opladen.
§ Fromm, Rainer (1993): Am rechten Rand. Lexikon des Rechtsradikalismus, Marburg.
§ Hentges, Gudrun (1996): Frauen und Rechtsextremismus – Was ist für Frauen an faschistischer Ideologie und Organisierung attraktiv?, in: Fantifa Marburg, Hrsg.: Frauen stricken am Braunen Netz, Marburg, S. 9-37.
§ Hunke, Sigrid (1987): Die Zukunft unseres unvergänglichen Erbes in Mann und Frau, in: elemente, Nr. 3, Juni/Sept. 1987, S. 27-34.
§ Kühnen, Michael (1985): Frauen in der Bewegung, in: Die Neue Front, Nr. 27, Oktober 1985.
§ Ministerium für die Gleichstellung von Frau und Mann des Landes NRW (1994): Rechtsextremismus und Gewalt: Affinitäten und Resistenz von Mädchen und jungen Frauen, Düsseldorf.
§ Niedermayer, Oskar/ Stöss, Richard (2000): Rechtsextreme Einstellungen in der Region Berlin- Brandenburg, Ausgewählte Befragungsergebnisse, Pressekonferenz am 11. August 2000.
§ SINUS-Studie über rechtsextremistische Einstellungen bei den Deutschen (1981): 5 Millionen Deutsche: „Wir sollten wieder einen Führer haben...“, Reinbek bei Hamburg.
§ Willems, Helmut et al. (1993): Fremdenfeindliche Gewalt. Einstellungen, Täter, Konflikteskalation, Opladen.

Fußnoten

[1] Verschiedene Untersuchungen belegen dagegen, dass „rechtsextreme Einstellungen mit wachsendem Alter“ zunehmen (vgl. Niedermayer/Stöss, 4)
[2] Als Indikatoren für rechtsextreme Einstellungsmuster wurden ausgewählt: Autoritarismus, Nationalismus, ethnisch bzw. sozio-ökonomisch
motivierte Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Pronazismus. Zusätzlich wurde die Korrelation zwischen rechtsextremen Einstellungen und Gewaltakzeptanz untersucht.
[3] Der vollständige Text ist nachzulesen in Fromm 1993, 87 - 90
[4] So erklärte Uschi Winkelsett in einem Gespräch mit uns, sie sei trotz des rückschrittlichen Frauenprogramms bei den „Republikanern“ eingetreten, habe aber mit auf eine Änderung der zitierten Passagen hingewirkt. (Oktober 1998)
[5] Film „Kameradinnen“ von Rainer Fromm und Barbara Kernbach, Vox 1993
[6] vgl. Film „Moderne Walküren“ von Rainer Fromm und Barbara Kernbach, Vox 2001
[7] Film „Kameradinnen“, Vox 1993
[8] Film „Kameradinnen“, Vox 1993