links-lang fetzt!

05.02.2002
Jüdischer Friedhof geschändet: Boizenburger reagieren entsetzt


Ein Artikel aus der Regionalausgabe der Ostseezeitung für Bützow vom 2. Februar.

Kriminalpolizei und Staatsschutz ermitteln / Stadt lobt Belohnung für Hinweise aus

Mit Entsetzen und Fassungslosigkeit reagieren die Boizenburger auf die Schändung des Jüdischen Friedhofes. Kriminalpolizei und Staatsschutz ermitteln und suchen weitere Zeugen. Die Stadt hat für Hinweise eine Belohnung ausgelobt.

Der Schock sitzt tief: Unbekannte Täter haben offenbar den Jüdischen Friedhof in Boizenburg geschändet (wir berichteten in unserer Ausgabe vom 1. Februar auf Seite 20).

Rückblende: Es war am Freitagnachmittag, gegen 14 Uhr, als ein Angestellter der Stadtverwaltung die Verwüstung feststellte. Wenig später informierte er die Polizei.

Umgehend erschienen Kriminaltechniker und Staatsschutzbeamte der Kriminalpolizeiinspektion Schwerin am Ort des Geschehens, um hier Beweismittel zu sichern und die ersten Ermittlungen wegen Störung der Totenruhe im Zusammenhang mit gemeinschädlicher Sachbeschädigung zu führen. Eingesetzt wurde auch ein Spürhund.

Erste Ergebnisse: Wahrscheinlich haben die Täter mehrere Elemente des verschlossenen Zauntores herausgetrennt und sind so auf den Friedhof gelangt und verließen diesen später als einen Ort der Verwüstung.

Sturmschäden, die zumindest anteilig als Ursache in Betracht zu ziehen wären, schließen wir nach bisherigen Erkenntnissen aus, erklärte die Sprecherin der Polizeidirektion Schwerin Iris Eichwitz auf eine Anfrage gegenüber unserer Redaktion.

Jetziger Erkenntnisstand: Nach den bisherigen Ermittlungen des Staatsschutzes aus Schwerin steht fest, dass alle 31 Grabsteine auf dem Friedhof umgestoßen worden sind. Etwa 75 Prozent von ihnen sollen mit einem stumpfen Gegenstand (Hammer oder ähnliches) zerschlagen worden sein.

Die Täter haben zudem einen metallenen Davidstern aus dem Friedhofstor herausgetrennt und diesen mit einem Schneidwerkzeug zerstört.

Zur Tatzeit: Die Kriminalpolizei konnte am Tatort Spuren sichern, die weiter verfolgt werden. Es ist nun auch möglich, die vermutliche Tatzeit entscheidend einzugrenzen. Nach Hinweis einer Zeugin gehen wir davon aus, dass sich die Tat vom Mittwoch, dem 30. Januar, 16 Uhr, zum Donnerstag, dem 31. Januar, 14 Uhr ereignet hat, sagte Iris Eichwitz.

Ähnliches Delikt: Wie die Polizeisprecherin ergänzte, schließt die Kripo einen Zusammenhang mit einem ähnlichen Delikt, das ebenfalls am Freitag in Boizenburg bekannt wurde, nicht aus. Es handelt sich um die Zerstörung des Gedenksteines an die Häftlinge des KZ-Außenlagers Neuengamme auf dem Elbberg. Hier wurden auch die Blumenschale und die Gedenktafel zerschlagen (wir berichteten gestern, S. 20).

Zeugen gesucht: Im Zuge der Ermittlungen sucht die Kriminalpolizei dringend weitere Zeugen. Zweckdienliche Hinweise aus der Bevölkerung nehmen alle Polizeidienststellen entgegen.

1000 Euro für jeden Fall: Betroffen und empört reagieren die Boizenburger (siehe nebenstehenden Kasten). Die Täter müssen ermittelt werden, sagte zum Beispiel Bürgermeister Harald Jäschke. Auch die Stadt appelliert an die Bereitschaft zur Mithilfe. Für zweckdienliche Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, loben wir in jedem der beiden Fälle eine Belohnung in Höhe von je 1000 Euro aus, erklärte der Verwaltungschef der Elbestadt gegenüber unserer Zeitung.